Reform des Wohnungseigentumsrechts

Das ursprüngliche Wohnungseigentumsgesetz stammt aus dem Jahr 1951 und wurde erstmalig im Jahre 2007 umfassend reformiert. Mit dem „Gesetz zur Förderung der Elektromobilität und Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes und zur Änderung kosten- und grundbuchrechtlicher Vorschriften“ kurz: WEMoG wie das Gesetz zur WEG-Reform vollständig heißt, kommt es jetzt ab 01.12.2020 erneut zu einer umfangreichen Änderung des Wohnungseigentumsrechts. 

 

Der Gesetzgeber hat einige aktuelle Problemstellungen und politische Ziele zum Anlass genommen, das Wohnungseigentumsrecht grundlegend zu ändern. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um folgende Themenbereiche:

 

  • Erstmals erkennt der Gesetzgeber mit § 9a Abs. 1 WEG in der neuen Fassung eine Vollrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaftan. 

 

  • Weiterhin bestimmt der Gesetzgeber nun ausdrücklich, dass eine Wohnungseigentümergemeinschaft bereits mit der Anlegung der Wohnungsgrundbücher entsteht

 

  • Erstmals ist auch eine Ein-Personen-Wohnungseigentümergemeinschaftmöglich. Dem Bauträger wird gesetzlich ermöglicht, noch vor Eintritt einer weiteren Person in die Wohnungseigentümergemeinschaft für diese wirksam Versorgungs- oder Verwalterverträge abzuschließen.

Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft wird man weiterhin grundsätzlich erst durch Eigentumseintragung. In Anlehnung an die Rechtsprechung zur werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft regelt § 8 Abs. 3 WEG n.F. nun aber speziell für den Erwerb vom teilenden Eigentümer (in der Regel vom Bauträger), dass der Erwerber bereits dann als Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft gilt, wenn zu seinen Gunsten eine Auflassungsvormerkung eingetragen ist und er den Besitz am Sondereigentum erlangt.Dadurch erübrigen sich in Zukunft weitestgehend detaillierte Regelungen im Bauträgervertrag über die Einräumung von Rechten innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft im Innenverhältnis zwischen den Parteien.

 

Sondereigentumsfähigkeit an Freiflächen

 

Weitgehende Änderungen ergeben sich auch im Hinblick auf Sondernutzungsrechten am Gemeinschaftseigentum. Bisher war es nur möglich, Sondereigentum an abgeschlossenen Räumen zu erlangen. Lediglich bezüglich (Tief-)Garagenstellplätzen gab es Ausnahmen. 

§ 3 Abs. 2 WEG n.F. sieht jetzt vor, dass sich Sondereigentum nun auch auf einen außerhalb des Gebäudes liegenden Teil des Grundstückes erstrecken kann, sofern die Wohnung weiterhin wirtschaftlich die Hauptsache bleibt. Ferner gelten sämtliche Stellplätze – mithin auch Außenstellplätze – als Raum und sind damit sonderrechtsfähig.Es ist damit jetzt erstmalig möglich, dass Wohnungseigentümer auch Eigentum an Gartenflächen und Außenstellplätzen eingeräumt werden kann. 

 

Erweiterung der Verwalterbefugnisse durch WEG-Reform

 

§ 9b Abs. 1 n.F. vermittelt dem Verwalter künftig die Vertretungsmacht für die Gemeinschaft im Außenverhältnis.Ausgenommen hiervon sind lediglich Abschlüsse von Grundstückskauf- und Darlehensverträgen. 

Die Vertretungsmacht kann im Außenverhältnis nicht wirksam beschränkt werden. Mit dieser Änderung soll der Rechtsverkehr mit der Wohnungseigentümergemeinschaft erleichtert werden. 

 

Beschränkungen im Innenverhältnis durch vertragliche Vereinbarungen sind weiter möglich, wirken jedoch nicht gegenüber Dritten. In der Praxis gewinnen daher die Regelungen im Verwaltervertrag über die Befugnisse des Verwalters eine größere Bedeutung.

 

Der Verwalter kann künftig in eigener Verantwortung ohne Beschlussfassung über Maßnahmen entscheiden, die von untergeordneter Bedeutung sind und nicht zu kostenerheblichen Verpflichtungen der WEG führen. 

Mit der Größe der Anlage wächst in der Regel der Kreis der Maßnahmen, die der Verwalter eigenverantwortlich treffen können muss. 

§ 27 Abs. 2 WEG n.F. gibt den Wohnungseigentümern die Möglichkeit selbst die Maßnahmen zu definieren, deren Erledigung sie in die Hände des Verwalters geben wollen.

 

 

Vereinfachung der Eigentümerversammlungen und Beschlussfassung

 

Die WEG Reform ermöglicht zukünftig flexiblere Gestaltungen von Eigentümerversammlungen und auch die Möglichkeit, digitale Medien einzusetzen. 

 

  • So können die Eigentümer nach § 23 Abs. 1 WEG n.F. online an der Eigentümerversammlung teilnehmen. 

 

  • Die Eigentümerversammlung ist zukünftig unabhängig von der Anzahl der anwesenden bzw. vertretenden Eigentümern bzw. Miteigentumsanteilen beschlussfähig. 

 

  • Die Einberufungsfrist wird von zwei Wochen auf drei Wochen verlängert. 

 

  • Umlaufbeschlüsse bedürfen künftig nur noch der Textform anstatt der Schriftform. Hierdurch können Umlaufbeschlüsse auch per e-mail, Internet oder App erfolgen. 

 

Verwaltungsbeirat erhält mehr Aufgaben

 

  • Wohnungseigentümer können die Anzahl der Beiratsmitglieder zukünftig durch Beschluss festlegen. 
  • Die Haftung ehrenamtlicher Beiräte wird auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt.
  • Zudem erhält der Beirat die Überwachung des Verwalters als zusätzliches Aufgabengebiet gemäß § 29 Abs. 2 WEG n.F. 

 

 

Einfachere Abberufung des Verwalters

 

Wohnungseigentümer können sich künftig einfacher von einem Verwalter lösen. 

 

  • Für die Abberufung braucht es demnächst keinen wichtigen Grund mehr, die Wohnungseigentümer können den Verwalter jederzeit abberufen (§ 26 Abs. 3 WEG n.F.)
  • Spätestens 6 Monate nach der Abberufung endet der Verwaltervertrag. 

 

 

Vereinfachung der Realisierung baulicher Maßnahmen

 

Ziel der Reform war es, die Realisierung baulicher Maßnahmen zu erleichtern. Aus diesem Grund wurden die Regelungen hierzu – nebst der korrespondieren Kostentragungspflicht – vollständig modifiziert. 

 

  • Beschlüsse über bauliche Veränderungen können nun grundsätzlich mit einfacher Mehrheit gefasst werden. Die Zustimmung aller von der Veränderung betroffenen Eigentümer ist nicht mehr erforderlich.

Ausnahmen von dem Grundsatz gelten nur dann, wenn bauliche Veränderungen die Wohnanlage grundlegend umgestalten oder einen Wohnungseigentümer ohne sein Einverständnis unbillig benachteiligen. In diesen Fällen ist eine Vereinbarung erforderlich.

 

Daneben wird dem einzelnen Wohnungseigentümer das Recht eingeräumt bei einer Reihe privilegierter Maßnahmen (bspw. dem Laden von E-Fahrzeugen, Umbauten wegen Barrierefreiheit) einen entsprechenden Beschluss zu verlangen. 

 

Prinzipiell haben diejenigen Eigentümer die Kosten zu tragen, die der Maßnahme zugestimmt haben. Jedoch haben alle Wohnungseigentümer die Kosten entsprechend ihrem Miteigentumsanteil zu tragen, wenn die Maßnahmen mit mehr als zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen  und mehr als der Hälfte der Miteigentumsanteile beschlossen werden (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 WEG n.F.)

Die Kostentragung durch sämtliche Eigentümer soll wiederum nicht gelten, wenn die bauliche Veränderung mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist. Durch diese Einschränkung sollen einzelne Eigentümer vor finanzieller Überforderung geschützt werden. 

Sämtliche Eigentümer können aber auch dann an den Kosten beteiligt werden, wenn sich die Kosten innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisieren (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 n.F.)

 

 

Anspruch auf zertifizierten Verwalter

 

Lange gab es bei den Gesetzesberatungen Streit um die Frage, ob ein verpflichtender Sachkundenachweis für gewerbliche Verwalter eingeführt wird. 

Letztlich hat man sich auf einen Kompromiss verständigt, der vorsieht, dass der Nachweis einer bestimmten Qualifikation keine Voraussetzung für die Erteilung einer Gewerbeerlaubnis nach § 34 c Gewerbeordnung sein soll. 

Allerdings gibt § 19 Abs. 2 Nr. 6 WEG n.F. jedem Eigentümer das Recht, die Bestellung eines zertifizierten Verwalters zu verlangen. Als ein solcher darf sich bezeichnen, wer von der IHK durch eine Prüfung nachgewiesen hat, dass er über die für die Tätigkeiten als Verwalter erforderlichen rechtlichen, technischen und kaufmännischen Kenntnisse verfügt. 

Der Anspruch auf den zertifizierten Verwalter besteht erstmals zwei Jahre nach Inkrafttreten der der WEG-Reform. 

 

Anfechtungsklage gegen die Gemeinschaft

 

Auch die Regelungen zu Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen werden neu ausgestaltet. 

 

  • Derartige Klagen richten sich zukünftig allein an die Gemeinschaft, da Träger der Verwaltung allein die Gemeinschaft sein wird. 

 

  • Kostenentscheidungen zulasten des Verwalters werden abgeschafft

 

Die Reform hat eine Vielzahl von weiteren Neuerungen im Gepäck, beispielsweise zur flexibleren Grundbucheintragung vereinbarungsverändernder Beschlüsse, zum Gegenstand und Inhalt der Jahresabrechnung und zur Entziehung des Wohnungseigentums. Die hier aufgeführten Veränderungen sind nicht abschließend und erheben nicht den Anspruch der Vollständigkeit.

 

Angesichts der Fülle der Veränderungen braucht es fachkompetente juristische Beratung, um die Rechtslage sicher zu behandeln. 

 

Haben Sie Fragen zu den Neuerungen der WEG-Reform? 

Sprechen Sie mich gerne an! 

 

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