Falsche Angaben des Maklers? Verkäufer haftet!

Immobilieneigentümer sollten beim Verkauf ihres Objekts ihren Makler gut auswählen - falsche Angaben des Vermittlers können den Verkäufer nämlich teuer zu stehen kommen. Macht der Makler falsche Angaben, kann der Verkäufer hierfür die Verantwortung tragen. Das entsprechende Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgarts (Az.: 13 U 148/10) macht die entsprechenden Risiken deutlich:

In dem Fall vermittelte ein Makler im Auftrag des Eigentümers ein Einfamilienhaus und führte auch die Verkaufsgespräche. Bei der Besichtigung fragte der spätere Käufer nach auftretender Feuchtigkeit im Keller, nachdem er ein morsches Regal und eine Wasserpumpe dort gesehen hatte. Eine Mitarbeiterin des Maklerbüros antwortete, dass in der Vergangenheit zwar Druckwasser aufgetreten war, das Problem jedoch behoben worden sei. Der dann abgeschlossene Kaufvertrag schloss die Gewährleistung für Mängel aus.

Kunde vom Makler arglistig getäuscht

Nach dem Kauf kam es aber zu einem Schaden durch Druckwasser, woraufhin der Käufer den Kaufpreis minderte. Das Gericht gab ihm Recht, da er von dem Makler arglistig getäuscht worden sei.

 

Die Entscheidung im Einzelnen:

Der Verkäufer einer Immobilie muss sich eine arglistige Täuschung des Käufers durch den Makler nach §§ 278, 166 Abs. 1 BGB dann zurechnen lassen, wenn der Makler nicht nur reine Maklerdienste erbringt, sondern vom Verkäufer in die Erfüllung seiner vertraglichen Haupt- und Nebenpflichten dadurch eingebunden ist, dass ihm die Führung der wesentlichen Vertragsverhandlungen überlassen worden ist.

Problemstellung

Beim Verkauf von Immobilien sind regelmäßig Makler beteiligt. Dabei beschränkt sich der Makler häufig nicht nur auf den Nachweis der Vertragsgelegenheit i.S.v. § 652 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB an Verkäufer, Käufer oder als Doppelmakler an beide, indem er ihnen durch Informationen die Aufnahme konkreter Verhandlungen über den nachzuweisenden Hauptvertrag ermöglicht (zum Nachweisbegriff zuletzt BGH, Urt. v. 15.04.2010 - III ZR 153/09 - NJW-RR 2010, 1385 Rn. 10). Oft ist der Makler auch an den Verhandlungen selbst beteiligt, insbesondere wenn er mit der Vermittlung eines Vertrags beauftragt ist. Eine Vermittlung im Verhältnis von Auftraggeber und Makler gemäß § 652 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. BGB liegt dann vor, wenn der Makler bewusst und aktiv auf die Willensentschließung des Vertragspartners des Auftraggebers einwirkt, um dessen Bereitschaft zum Abschluss des beabsichtigten Hauptvertrags zu fördern (BGH, Urt. v. 17.04.1997 - III ZR 182/96 - NJW-RR 1997, 884). Auch wenn ein solcher Vermittlungsauftrag nicht erteilt ist, nimmt der Makler für den Verkäufer vielfach die Besichtigungstermine war und gibt bei dieser Gelegenheit Auskunft über die Immobilie. Sind die Auskünfte des Maklers falsch, fragt der Käufer nicht nur, unter welchen Voraussetzungen er den Makler in Anspruch nehmen kann. Darüber hinaus stellt sich – wie im vorliegenden Fall – die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Verkäufer selbst für falsche Angaben des Maklers gegenüber dem Käufer einstehen muss.

 

Inhalt und Gegenstand der Entscheidung

Der Verkäufer nimmt den Käufer auf Zahlung des restlichen Kaufpreises in Anspruch; der Käufer erklärt die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen. Im Kaufvertrag ist – wie üblich – die Gewährleistung ausgeschlossen; der Verkäufer hat versichert, verdeckte Mängel seien ihm nicht bekannt. An der Immobilie hat nach Gefahrübergang in den Keller drückendes Wasser zu Schäden geführt. Bei der Besichtigung hatte der Makler auf die Frage des Käufers, warum ein Regal im Keller morsch sei, geantwortet, dass in der Vergangenheit zwar Druckwasser aufgetreten, dieses Problem jedoch aufgrund durchgeführter Straßenbauarbeiten behoben sei. Ob diese Antwort auf einer entsprechenden Angabe des Verkäufers gegenüber dem Makler beruhte oder ein Missverständnis zwischen Verkäufer und Makler vorlag, hat sich nicht aufklären lassen.

 

Das OLG Stuttgart bejaht einen aufrechenbaren Schadensersatzanspruch des Käufers für beide Sachverhaltsvarianten: Wenn der Verkäufer gegenüber dem Makler geäußert hat, dass die Druckwasserproblematik aufgrund der Straßenbauarbeiten behoben sei, haftet er wegen der unrichtigen Angabe, versteckte Mängel seien ihm nicht bekannt. Denn nach seiner eigenen Darstellung hatte er hierzu noch keine sichere Kenntnis, weil die Straßenbauarbeiten noch nicht lange genug zurücklagen. Wenn der Verkäufer dagegen gegenüber dem Makler „nur“ geäußert hat, in der Vergangenheit sei bis zu zweimal jährlich Druckwasser im Keller aufgetreten und nach Durchführung der Straßenbauarbeiten nicht mehr, aber keine Aussage dazu gemacht hat, ob die Problematik tatsächlich beseitigt worden sei, weil eine sichere Beurteilung wegen der Kürze des seit den Straßenbauarbeiten verstrichenen Zeitablaufs noch nicht möglich sei, so hat er selbst bei dieser von seiner Seite zutreffenden Information des Maklers für dessen unrichtige Angaben gegenüber dem Käufer einzustehen. Dies ergibt sich nicht schon daraus, dass der Verkäufer den Makler beauftragt hat, denn der Makler erfülle nicht ohne weiteres eine Verpflichtung gegenüber dem Gegner seines Auftraggebers. Entscheidend ist vielmehr, ob der Makler bei den Vertragsverhandlungen Aufgaben übernimmt, die typischerweise einer Vertragspartei obliegen, und in deren Pflichtenkreis er tätig wird.

 

Ob dem Geschäftsherrn das Verhalten des Maklers zuzurechnen ist, muss auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung der konkreten Maklertätigkeit entschieden werden. Anerkannt ist eine Zurechnung – unabhängig von einer Bevollmächtigung – etwa, wenn der Makler als Verhandlungsführer oder Verhandlungsgehilfe einer Vertragspartei auftritt oder als deren Repräsentant, mit dem wie mit dem Eigentümer selbst verhandelt werden kann (BGH, Urt. v. 02.06.1995 - V ZR 52/94 - NJW 1995, 2550; BGH, Urt. v. 14.05.2004 - V ZR 120/03 - NJW-RR 2004, 1196; BGH, Urt. v. 24.11.1995 - V ZR 40/94 - NJW 1996, 451; OLG Hamburg, Urt. v. 20.07.2001 - 1 U 152/00 - OLGR Hamburg 2002, 23). Hier sind dem Verkäufer die Aussagen des Maklers zur Druckwasserproblematik zuzurechnen, weil er dem Makler die Führung der Verkaufsverhandlungen überlassen hat und selbst erst zum Notartermin hervorgetreten ist. Der Makler hat, wenn man die Darstellung des Verkäufers als richtig unterstellt, arglistig gehandelt, denn dann hätte er hinsichtlich der Frage nach dem morschen Schrank, die für einen Käufer erkennbar von Bedeutung war, die Darstellung des Verkäufers, in der Vergangenheit sei regelmäßig Druckwasser eingetreten und nunmehr Straßenbauarbeiten durchgeführt worden, weiter hinterfragen müssen. Seine Aussage, die Druckwasserproblematik sei durch die Straßenbauarbeiten behoben, hat danach nämlich keine tatsächliche Grundlage in den Angaben des Verkäufers.

 

Kontext der Entscheidung

In der Praxis stellt sich für den Käufer einer Immobilie häufig die Frage, ob ihm der Makler selbst für falsche Angaben, insbesondere für Unrichtigkeiten im Expose, haftet. Einen vom Verkäufer beauftragten Makler treffen gegenüber dem Käufer grundsätzlich keine Beratungspflichten (KG Berlin, Urt. v. 19.04.2007 - 12 U 67/06 - KGR Berlin 2008, 4). Regelmäßig will der Makler aber sowohl von Verkäufer und Käufer Provision verdienen und wird deshalb als Doppelmakler für beide Seiten tätig. Das ist nicht grundsätzlich treuwidrig (zuletzt OLG Rostock, Urt. v. 01.10.2008 - 1 U 98/08 - MDR 2009, 194). Der Makler ist aber verpflichtet, seinem Auftraggeber – also im Falle der Tätigkeit als Doppelmakler gegenüber beiden Seiten des Hauptvertrags – alle ihm bekannten tatsächlichen und rechtlichen Umstände mitzuteilen, die sich auf den Geschäftsabschluss beziehen und für den Willensentschluss des Auftraggebers von Bedeutung sein können (BGH, Urt. v. 18.01.2007 - III ZR 146/06 - NJW-RR 2007, 711 Rn. 11). Zu eigenen Nachforschungen ist ein Makler grundsätzlich nicht verpflichtet. Deshalb darf der Makler Angaben zum Objekt, die er von der Gegenseite oder seinem Auftraggeber erhalten hat, im Grundsatz ungeprüft weitergeben und auf deren Richtigkeit vertrauen, sofern sie von ihm sorgfältig erhoben und nach dem bei einem Makler beruflich vorauszusetzenden Kenntnisstand glaubwürdig und plausibel sind (BGH, Urt. v. 18.01.2007 - III ZR 146/06 - NJW-RR 2007, 711 Rn. 13; OLG Oldenburg, Urt. v. 15.05.2009 - 6 U 6/09 - NJW-RR 2009, 1284). Der Makler haftet dem Käufer daher bei unrichtigen Angaben im Expose, die nicht auf Angaben des Verkäufers beruhen (OLG Frankfurt, Urt. v. 13.02.2008 - 15 U 137/07 - OLGR Frankfurt 2008, 867). Erkennt der Makler, dass Angaben des Verkäufers unrichtig oder ungesichert sind oder drängen sich ihm insoweit Zweifel auf, muss er seinen Auftraggeber, wenn es diesem erkennbar auf gerade diese Angaben ankommt, über die fehlende tatsächliche Grundlage, zumindest jedoch über die fehlende eigene Prüfung informieren (BGH, Urt. v. 18.01.2007 - III ZR 146/06 - NJW-RR 2007, 793 Rn. 12).

 

Auswirkungen für die Praxis

Für den Käufer einer Immobilie, der sich getäuscht fühlt, stellt sich regelmäßig die Frage, ob er den Makler oder den Verkäufer in Anspruch nehmen soll, wenn es nicht wie hier um die Abwehr restlicher Kaufpreisansprüche geht. Neben wirtschaftlichen Erwägungen, die auf die Solvenz von Makler und Verkäufer abstellen, steht der Käufer häufig tatsächlich vor dem Problem, dass er nicht weiß und sich wie hier nicht klären lässt, wie die falsche Angabe (im Expose) zustande gekommen ist. Naheliegend werden Verkäufer und Makler jeweils auf ein Fehlverhalten des jeweils anderen verweisen. Eine Haftung des Maklers ist anhand der zu C. dargestellten Grundsätze zu prüfen; aufgrund des mitgeteilten Sachverhalts lässt sie sich im vorliegenden Fall nicht abschließend beurteilen. Der Verkäufer haftet für eigene arglistige Täuschungen und unter den vom OLG Stuttgart im vorliegenden Fall im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH umfassend dargestellten Voraussetzungen auch für arglistige Täuschungen des Maklers, insbesondere wenn der für ihn die Verhandlungen geführt hat.

 

Weitere Themenschwerpunkte der Entscheidung

Abschließend verneint die Entscheidung ein Mitverschulden des Käufers. Ob der Käufer die Druckwasserproblematik in Ansehung des morschen Kellerregals fahrlässig verkannt hat, ist unerheblich. Denn gemäß § 442 Abs. 1 BGB sind die Rechte des Käufers wegen eines Mangels ausgeschlossen, (1) wenn er bei Vertragsschluss den Mangel kennt oder (2) wenn ihm ein Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist, es sei denn der Verkäufer (oder sein Verhandlungsgehilfe) hat – wie hier – den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen. § 442 Abs. 1 BGB schließt als lex specialis die Anwendung des § 254 Abs. 1 BGB aus (BGH, Urt. v. 28.06.1978 - VIII ZR 112/77 - NJW 1978, 2240, zu § 460 BGB a.F.). Dies gilt auch für Rechtsmängel (BGH, Urt. v. 31.01.1990 - VIII ZR 314/88 - BGHZ 110, 196 = NJW 1990, 1106).

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